EuGRZ 2004 |
30. Dezember 2004
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31. Jg. Heft 23
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Informatorische Zusammenfassung
Hans-Jürgen Papier, Karlsruhe, würdigt den Vertrag über eine Verfassung für Europa unter dem Aspekt der Neuordnung der Europäischen Union
Insofern öffentliche Gewalt nicht mehr nur von staatlichen Hoheitsträgern ausgeübt wird, bestehe hinsichtlich supranationaler Hoheitsgewalt «grundsätzlich dasselbe Bedürfnis nach den klassischen Verfassungsfunktionen, insbesondere nach Legitimation und Begrenzung ihrer Befugnisse». Eine isolierte Volksabstimmung über den Verfassungsvertrag hält Papier indes für unangemessen und verfehlt.
Der Beitrag geht sodann auf den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung (Art. I-11 Abs. 1 Satz 1) und das prozedurale Schutzkonzept zum Subsidiaritätsprinzip ein, auf die doppelte parlamentarisch-demokratische Legitimationsbasis [Bürger und Staaten], auf die Rolle der nationalen Parlamente, das Prinzip der doppelten Mehrheit, den künftigen Präsidenten des Europäischen Rates und auf den Außenminister der Union.
Zur Übernahme der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in den Verfassungsvertrag stellt der Autor fest: «Was die Bewertung der Grundrechtsbestimmungen anbelangt, so erstreckt sich das fast einhellig positive Urteil, das die Arbeit des Herzog-Konvents gefunden hat, naturgemäß auch auf die Regelungen des Verfassungsvertrags. (…) Anlass zur Kritik geben eher grundrechtliche oder grundrechtsrelevante Regelungen außerhalb der Grundrechte-Charta.»
Bevor der Präsident des BVerfG nach der Finalität der EU fragt, lässt er einen aktuellen Problempunkt nicht unerwähnt: «Ging es vor noch nicht allzu langer Zeit und geht es in Teilbereichen auch heute noch darum, Defizite im Grundrechtsschutz zu beseitigen, so wirft der erreichte und aus verschiedenen Quellen gespeiste Grundrechtsschutz auf der anderen Seite bereits hier und da Abstimmungsprobleme auf. Das Dreiecksverhältnis zwischen dem nationalen Grundrechtsschutz, der Grundrechte-Charta der Union und der Europäischen Menschenrechtskonvention bedarf ebenso der Koordination wie die Zuständigkeiten und Verfahren vor den korrespondierenden nationalen Verfassungsgerichten, dem Luxemburger Gerichtshof der Europäischen Union und dem Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte. Nur bis zu einem gewissen Maß mag die Pluralität der Grundrechtsordnungen den Grundrechtsschutz zu stärken; wird dieses Maß überschritten, drohen Einbußen an Effizienz und Effektivität. Hier die richtige Feinabstimmung zu finden, wird eine wichtige Aufgabe sein.» (Seite 753)
Thomas Giegerich, Bremen, unternimmt mit Blick auf die Grund- und Menschenrechte im globalen Zeitalter den Versuch einer Neubewertung ihrer territorialen, personalen und internationalen Dimension in Deutschland, Europa und den USA
«Soweit die grund- und menschenrechtsgebundene Staatsgewalt supranationalen und regionalen Hoheitsträgern oder Privaten ein bisher (zentral-)staatlich besetztes Politikfeld überlässt, ist der Grund- und Menschenrechtsschutz gegen die Staatssubstitute als neue Adressaten zu richten, wenn sein bisheriges Niveau gewahrt bleiben soll. (…) Denn formuliert worden sind diese Rechte für eine viel überschaubarere Welt.»
Zur Reichweite der amerikanischen Verfassung hält der Autor fest: «Im Interesse außenpolitischer Flexibilität lehnt der U.S. Supreme Court jeden Grundrechtsschutz von Ausländern im Ausland sogar gegen finale Eingriffe von US-Behörden ab. (…) Dies offenbart ein archaisches Denken in Freund-Feind-Kategorien, das ein Rechtsstaat überwinden muss. Erst recht gilt dies, wenn der im Ausland von US-Agenten gefolterte Ausländer anschließend in die USA entführt und dort aufgrund der erfolterten Informationen vor Gericht gestellt wird. Unerträglich wäre es auch, wenn die USA sich Folterungen nachträglich zunutze machten, die durch Organe anderer Staaten durchgeführt wurden, oder diese gar bewusst für solche „Schmutzarbeit“ einspannten, um Informationen zu geheimdienstlichen Zwecken oder zur Verwertung im Strafverfahren zu erlangen. Derartige Umgehungsakte würden nicht nur zwingende Menschenrechtsstandards des Völkerrechts verletzen, sondern nach dem bisherigen Stand der Rechtsprechung auch gegen das Fifth Amendment der US-Verfassung verstoßen.»
Der Beitrag kommt zu dem Schluss: «Politische und wirtschaftliche Macht muss effektiv grund- und menschenrechtlich eingebunden bleiben, welche Gestalt sie auch annehmen mag. Zwar sind in allen demokratischen Verfassungsstaaten funktionale Grenzen der (Verfassungs-)Gerichtsbarkeit im Verhältnis zu den (außen-)politischen Organen anzuerkennen, doch dürfen deren Maßnahmen nicht praktisch von jeder durchsetzbaren Bindung an die nationalen Grundrechte und die internationalen Menschenrechte freigestellt werden. Denn solange und soweit effektive internationale Durchsetzungsverfahren nicht bestehen, ruht der weltweite Schutz der menschlichen Würde, Freiheit und Gleichheit auf den Schultern der nationalen Richter. Sie tragen Mitverantwortung für die Unverletzlichkeit dieser Grundwerte, die zu den Grundlagen der Freiheit, Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt zählen. Ihre Aufgabe besteht darin, die Erfordernisse der richterlichen Zurückhaltung zur Wahrung politischer Spielräume einerseits und der verfassungs- und völkerrechtlichen Begrenzung politischer Macht andererseits in eine angemessene Balance zu bringen. Damit nationale Richter an dieser Herkulesaufgabe nicht scheitern, ist ihre Unterstützung durch eine internationale (Menschenrechts-)Gerichtsbarkeit ein dringendes Anliegen.»
Giegerich gelangt – wie die vormalige Präsidentin der American Society of International Law A.-M. Slaughter – zu der Überzeugung: «Eine grenzüberschreitende Gemeinschaft nationaler und internationaler Judikativen, deren Funktionsträger sich der Rechtsidee mehr verpflichtet fühlen als der heimatstaatlichen Politik, wäre ein guter Garant der international rule of law.» (Seite 758)
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), Straßburg, sieht keine innerstaatliche Verpflichtung zur Wiederaufnahme konventionswidriger rechtskräftiger Urteile / Lyons u.a. gegen Vereinigtes Königreich
Die 4. Sektion des EGMR erklärt die Beschwerde für unzulässig und führt aus: «Der Gerichtshof wiederholt, dass der beklagte Staat – vorbehaltlich der Überwachung durch das Ministerkomitee – frei ist, diejenigen Mittel zu wählen, mit denen er seiner Verpflichtung aus Artikel 46 der Konvention nachkommen will, vorausgesetzt, dass diese Mittel vereinbar sind mit den im Urteil des Gerichtshofs enthaltenen Schlussfolgerungen (…). Der Gerichtshof kann seinerseits in diesem Dialog keine Rolle einnehmen. Er bemerkt insbesondere, dass ihm die Konvention keine Befugnis verleiht, gegenüber einem Staat die Durchführung eines neuen Verfahrens oder die Aufhebung einer Verurteilung anzuordnen (…). Hieraus folgt, dass er keine Konventionsverletzung feststellen kann, wenn ein Staat keine dieser Handlungsalternativen bei der Umsetzung eines seiner Urteile wählt.» (Seite 777)
Cf. jedoch die folgende Entscheidung der 1. Sektion des EGMR und die Anmerkung von Breuer in diesem Heft, S. 782 sowie die Entschließung des Ministerkomitees zu restitutio in integrum und Wiederaufnahmeverfahren, S. 808.
EGMR fordert den italienischen Gesetzgeber zur Beseitigung eines strukturellen Problems durch Schaffung einer Wiedereinsetzungsmöglichkeit nach Abwesenheitsverurteilungen auf / Sejdovic gegen Italien
Die 1. Sektion des EGMR verpflichtet Italien zu gesetzlicher Abhilfe eines strukturellen Defizits nicht nur in der Entscheidungsbegründung unter Art. 46 und 41 EMRK, sondern spricht dies auch im Tenor (Ziff. 2) aus: «Die festgestellte Verletzung [von Art. 6 EMRK] resultiert aus einem strukturellen Problem im Zusammenhang mit einer Funktionsstörung der innerstaatlichen Gesetzgebung wie der innerstaatlichen Praxis, die ihre Ursache in dem Fehlen eines effektiven Mechanismus zur Durchsetzung des in Abwesenheit verurteilten Personen zustehenden Rechts hat, dass ein Gericht – sofern die genannten Personen nicht in effektiver Weise von dem gegen sie geführten Strafverfahren unterrichtet worden sind und nicht unmissverständlich auf ihr Recht zur Teilnahme an der Hauptverhandlung verzichtet haben – von neuem nach einer den Anforderungen des Artikels 6 der Konvention entsprechenden Anhörung in der Sache über die Anklage entscheidet.»
Für den konkreten Fall bedeutet das (Tenor, Ziff. 3): «Der beklagte Staat muss durch geeignete Maßnahmen die Durchsetzung des fraglichen Rechts zugunsten des Bf. und der sich in einer vergleichbaren Lage befindlichen Personen sicherstellen.»
(Seite 779)
Marten Breuer, Potsdam, unterstreicht in seiner Anmerkung zu den EGMR-Urteilen Lyons und Sejdovic die rechtspolitische Notwendigkeit von gesetzlichen Wiederaufnahmeklauseln bei konventionswidrig zustande gekommenen nationalen Urteilen
«Die Anordnung der Wiederaufnahme zugunsten eines Beschwerdeführers durch den EGMR ist von der EMRK nicht gedeckt. Sollte die gesonderte Erwähnung des Beschwerdeführers in Ziff. 3 des Tenors im Urteil Sejdovic in diesem Sinne gemeint sein, wäre dies abzulehnen. Aus dem Urteil Broniowski lassen sich diesbezüglich keine neuen Handlungsbefugnisse gewinnen, da in jenem Fall – wie auch im Fall Asanidse – die Anordnung des Gerichtshofs nicht im Widerspruch zu innerstaatlichen Gerichtsurteilen stand, sondern im Gegenteil der Durchsetzung dieser Urteile diente. Auch wenn aber eine Befugnis des EGMR, selbst die Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Verfahren anzuordnen, abzulehnen ist, so gibt der Fall Sejdovic doch Anlass, auf die rechtspolitische Notwendigkeit von Wiederaufnahmeklauseln nicht allein im Strafrecht, sondern auch darüber hinaus mit Nachdruck hinzuweisen.» (Seite 782)
Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), Luxemburg, erkennt keinen Rechtsmissbrauch in geographisch gezielter Geburt (Belfast, Nord-Irland), um dem Kind wohlhabender chinesischer Eltern die irische Staats- und die Europäische Unionsbürgerschaft mit Freizügigkeits- und Aufenthaltsrechten (in Großbritannien) zum Vorteil der Mutter zu verschaffen / Rs. Zhu und Chen
«Würde aber dem Elternteil mit Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats oder eines Drittstaats, der für ein Kind, dem Artikel 18 EG und die Richtlinie 90/364 ein Aufenthaltsrecht zuerkennen, tatsächlich sorgt, nicht erlaubt, sich mit diesem Kind im Aufnahmemitgliedstaat aufzuhalten, so würde dem Aufenthaltsrecht des Kindes jede praktische Wirksamkeit genommen. Offenkundig setzt nämlich der Genuss des Aufenthaltsrechts durch ein Kind im Kleinkindalter voraus, dass sich die für das Kind tatsächlich sorgende Person bei diesem aufhalten darf und dass es demgemäß dieser Person ermöglicht wird, während dieses Aufenthalts mit dem Kind zusammen im Aufnahmemitgliedstaat zu wohnen.»
Zu diesem Ergebnis gelangt der EuGH, ohne auf die im Vorlagebeschluss der Immigration Appellate Authority mit erwähnten Art. 8 und 14 EMRK Bezug zu nehmen. (Seite 787)
U.S. Supreme Court, Washington, D.C., erklärt Haftbeschwerden ausländischer Gefangener auf dem amerikanischen Flottenstützpunkt Guantanamo Bay (Kuba) für zulässig / Rasul u.a. v. George W. Bush
« Die Beschwerdeführer behaupten, von Bundesbehörden unter Verstoß gegen Gesetze der Vereinigten Staaten gefangen gehalten zu werden. Keiner der Verfahrensbeteiligten stellt in Frage, dass das Bezirksgericht [des District of Columbia] Gerichtsbarkeit über diejenigen besitzt, die für die Inhaftierung der Beschwerdeführer verantwortlich sind. Vgl. Braden, 410 U. S., 495. Mehr verlangt § 2241 [habeas corpus] seinem Wortlaut zufolge nicht. Wir entscheiden deshalb, dass § 2241 dem Bezirksgericht Gerichtsbarkeit verleiht, um über die habeas corpus-Angriffe der Beschwerdeführer gegen die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung auf dem Flottenstützpunkt Guantanamo Bay zu verhandeln.» (Seite 791)
„Richterliches Abenteurertum der übelsten Sorte“ – Richter Scalia greift, unterstützt von Gerichtspräsident Rehnquist und Richter Thomas, die Mehrheitsentscheidung extrem scharf an
Das Sondervotum hält im Gegensatz zur Mehrheit nicht „uneingeschränkte Gerichtsbarkeit und Kontrolle”, sondern die im konkreten Fall bei Kuba liegende „Souveränität“ für ausschlaggebend. Scalia: «Es ist richterliches Abenteurertum der übelsten Sorte, wenn dieser Gerichtshof in Kriegszeiten und unter Enttäuschung des Vertrauens unserer militärischen Befehlshaber auf zuvor klar geäußerte Rechtsauffassungen ein solch monströses Rechtsinstitut schafft.» (Seite 796)
Christian Maierhöfer, Bonn, stellt in seiner Anmerkung zum Urteil im Fall Rasul u.a. v. George W. Bush fest, auf welch überraschend niedriger Stufe der Normenhierarchie sich der U.S. Supreme Court bewegt – weder auf Verfassungs- oder Völkerrecht, sondern nur auf einer Norm des einfachen amerikanischen Bundesrechts. Der Autor mahnt: «Das Völkerrecht kann nicht dulden, dass die Staaten durch juristische Fiktionen – und eine solche ist die jeder konkreten Hoheitsbefugnis beraubte kubanische Souveränität über Guantanamo Bay letztlich – rechtsfreie Räume schaffen, für die niemand die menschen- und fremdenrechtliche Verantwortung besitzt.» (Seite 797)
House of Lords, London, hält Verwertung von Fingerabdrücken und DNA-Proben durch die Polizei trotz Freispruchs oder Einstellung des Verfahrens für gerechtfertigt
Lord Steyn, dessen Votum sich die anderen Richter bis auf eine Ausnahme anschließen, stimmt mit der Erwägung der Vorinstanz überein: «Der Zweck der Aufbewahrung – die Verhütung von Straftaten und der Schutz der Rechte anderer, frei von Kriminalität zu leben – erfüllt eindeutig die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 2 EMRK, und die Speicherung ist auch gesetzlich vorgesehen.» In ihren Auswirkungen sei das Speichern solcher Daten auch nicht unverhältnismäßig zu dem verfolgten Zweck. (Seite 799)
Schweizerisches Bundesgericht (BGer), Lausanne, sieht für Familiennachzug nach 20 Jahren Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz gefestigtes Anwesenheitsrecht im kombinierten Schutzbereich von Privat- und Familienleben
Die betroffenen Roma aus dem Gebiet der heutigen Staatenunion Serbien und Montenegro kennen die serbische Sprache praktisch nicht und sprechen in der Familie mit ihren Kindern, die in der Schweiz zur Schule gehen, Deutsch. Das BGer gelangt zu der Überzeugung, dass «das Familienleben schwergewichtig in der Schweiz gepflegt wurde und heute praktisch nirgendwo anders in zumutbarer Weise gelebt werden kann».
(Seite 800)
Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Karlsruhe, bestätigt tarifvertragliche Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten
Die 2. Kammer des Ersten Senats sieht keine Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG): «Eine Altersgrenze ist eine subjektive Zulassungsbeschränkung. [Sie] dient einem besonders wichtigen Gemeinschaftsgut, nämlich dem Gesundheitsschutz einer Vielzahl von Personen.» (Seite 803)
BVerfG bekräftigt Anspruch einer schwerhörigen Patientin auf schriftlichen Bericht über ärztliches Untersuchungsergebnis
Die 2. Kammer des Ersten Senats stellt fest: «Die angegriffenen Beschlüsse [des AG und des LG Bochum] verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot. (…) Der Anspruch des Patienten auf Unterrichtung über Befunde und Prognosen ist Ausdruck des durch grundrechtliche Wertungen geprägten Selbstbestimmungsrechts und der personalen Würde des Patienten (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG), die es verbieten, ihm im Rahmen der Behandlung die Rolle eines bloßen Objekts zuzuweisen.» (Seite 805)
BVerfG weist Verfassungsbeschwerde eines Kindesentführers wegen unterbliebener Verfahrenseinstellung nach Androhung von Schmerzen in der polizeilichen Vernehmung als unzulässig ab / Fall Gaefgen
Der wegen Mordes an einem elfjährigen Schüler in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub mit Todesfolge zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilte Bf. hatte in der Hauptverhandlung ein Geständnis abgelegt, auf welches das Landgericht seine Verurteilung maßgeblich stützte.
In der Begründung der 3. Kammer des Zweiten Senats heißt es u.a.: «Während das angegriffene Urteil allein die Androhung von Schmerzen feststellt, unterstellt die Verfassungsbeschwerde weitere unlautere Einwirkungen. Schon deshalb hat der Beschwerdeführer zudem nicht genügend begründet, warum der hier vorliegende Verfahrensverstoß verfassungsrechtlich nicht nur ein Verwertungsverbot, sondern zwingend ein Verfahrenshindernis nach sich ziehen musste.» (Seite 807)
Ministerkomitee des Europarats, Straßburg, empfiehlt bei der Vollstreckung von EGMR-Urteilen restitutio in integrum bzw. Wiedererwägung oder Wiederaufnahme der innerstaatlichen Verfahren. (Seite 808)
BVerfG erlässt Einstweilige Anordnung zur Durchsetzung des EGMR-Urteils im Fall Görgülü (EuGRZ 2004, 700) über den Umgang des nichtehelichen Vaters mit seinem Kind
Die 3. Kammer des Ersten Senats erinnert das OLG Naumburg an die Bindungswirkung von EGMR-Urteilen, wie sie im Beschluss des Zweiten Senats, EuGRZ 2004, 741 umschrieben wurde. (Seite 809)